Malkontent & Enthusiastisch

»Ihr naht Euch wieder, schwankende Gestalten«

  • Der Fernsehratgeber erinnert mich an ein Hypertext-Seminar im vergangenen Semester. Ich würd` gern wissen was aus Benno Wagners Hypertext-Version Kafkas geworden ist. Stolz berichtete er uns, nach langem Suchen endlich einen Storyspace aufgetrieben zu haben. (Dabei ist das doch gar nicht so schwer!?). Na ja, ich kenn` den nicht.
    Hypertext überfrachtet, könnte man fast sagen, ist hyperdis. Besser finde ich da schon, wenn man über einen Suchbegriff direkt einsteigt. So revolutionär das ist, so benutzerunfreundlich ist es auch. Die große Datenbank der Texte; vernetztes, weltweites Wissen.

  • Baukasten-Aufsatz.

  • Schön, daß ein 70 Jahre altes Zitat Anklang findet. Allerdings bringt mich schon der kleinste Kommentar ins Schwitzen. In meinem Fall scheint Interaktion nicht nur Freude sondern auch technische Probleme mit sich zu bringen. Zerbrechlich ist so ein zartes Pflänzchen scheinbar allemal.
    Ich wollte jedenfalls schon Ende der Woche nochmal kurz Stellung beziehen; was dann allerdings auf dem – Hallo Radiotheorie – Rückkanal passiert ist, hat nicht nur Verzögerung in die kleine Diskussion gebracht, sondern auch noch den Samstag nachmittag mit Frickel-Arbeit versaut, da es auf dem Server zwei kleine Skripte zerhauen hat. Ausgerechnet eben diese Beiträge ab dem kleinen auslösendem Zitat. Wobei sich hoffentlich herausstellt, daß Ines Verwunderung über einen verloren Teil ihrer Interaktion nicht berechtigt ist.
    Ich glaube alles repariert zu haben. Er müsste sich also hier befinden, oder!?

    Die Anmerkung, daß schon mal nicht von dem Rezipienten, respektive Konsumenten, gesprochen werden kann, halte ich für richtig. Ob es jetzt das erwähnte Rieplsche Gesetz oder eine alles einlullende Bewußtsteins-Industrie vebrochen hat – oder beide zusammen – kann ich nicht sagen. Mir fällt aber in diesem Zusammenhang noch was ein: Ein Zitat, ha; wahrscheinlich schon arg strapaziert, aber ich hab`s halt grad gefunden: „Sollten sie dies für utopisch halten, so bitte ich sie, darüber nachzudenken, warum es utopisch ist.“ Der gleiche wie zuvor.
    Ich meine, vermutlich kann man sich den Kopf darüber zerbrechen. H. M. Enzensberger, der die Gedanken Brechts aufgenommen hat, wurde vorgeworfen, er könne nicht die gleiche Frage, die Brecht 1932 stellte, in einem gesellschaftlichen Kontext von 1970 stellen. Die sind eben mal grundlegend anders. Auch heute. Baudrillard, der sich auf Enzensberger bezieht, wirft ihm vor, das Prinzip der technischen Abstraktion nach dem moderne Medien funktionieren völlig verkannt zu haben. Gerade Kommunikation wie sie hier betrieben wird ist in seinen Augen tot. Eine codierte abstrakte Kommunikation, die sich selbst verhindert.
    In diesem Sinne also… ich häng mich vor`s Nullmedium 🙂

  • Wetten Dass kenne ich natürlich seit meiner Kindheit. Von Gottschalk habe ich bisher nicht viele Sendungen gesehen. Lippert auch schon nicht mehr, das ewige hektische Rumgehampel und eine Brille, für deren Justage ein einmaliger Besuch beim Optiker genügt hätte, die er aber alle 30 Sekunden mit dem Finger wieder Richtung Haaransatz schieben muß, haben meine Aufmerksamkeit vollends verrauchen lassen.
    Heute ist mal wieder so ein heimeliger Abend im Kreise der Familie, den das ZDF für sie bereitet. Florian Illies beschreibt in einer seiner hunderttausend Kindheitserinnerungen, wie er vor Wetten Dass mit seinem Playmobil-Schiff badete und dann, vom Papi trockengerubbelt, pünktlich zur Eurovisions-Fanfare mit geschnittenen und gefeilten Fingernägeln vor dem Fernseher saß. Her mit den Erdnußflips. Aber da ist ja auch was dran. So ist es mir ja im Grunde auch ergangen. Das ist ja so verkehrt auch nicht, denn das Wohnzimmer wird ja meistens so eingerichtet, daß der Fernseher bestens positioniert ist. Kein Wunder also, daß Wetten Dass genau aus dieser Zimmerecke am Samstag abend gewinnbringend rausgrinsen will und sich dafür `ne Sendung für die ganze Familie basteln lässt.
    Wobei ich sagen muß, das die neue Promi-Sitzgruppe aber auch rein gar nichts mit den Multifunktionssesseln der 70er-80er Jahre zu tun hat. Die mit der Klappe vorne; wo mit rot/ grünen Abstimmlichtern über den Wettkönig entschieden wird, der seinen Namen zurecht trug. Ganz anders als früher ist übrigens auch das extrem penetrante Generve mit Ankündigungen neuer ZDF Produktionen. Und alle schummeln sich in den Kreis des heiligen Familien-Idylls. Da ist der Kleine Wetten Dass Gewinnerzuschauer; zusammen mit dem ZDF Affen Charly verbringt er einen großartigen Samstag, den er nicht vergißt. Im Wetten Dass-Club Heft erfährt man, wie man einen Opel(?) Veneo gewinnen kann. Ein Großraum Familien Auto natürlich, er wurde zu Beginn ja deutlich angepriesen, der den Paten der Außenwette sponsorgerecht auf den Marktplatz von Böblingen fährt. Oder den von Hof. Später kan man den dann gewinnen. man muß dafür allerdings Mitglied im Wetten Dass Clun sein. Aber das ist man ja eh`schon; für die ganze Familie ist es bestimmt auch billiger. Gottschalk: „Und die erstmalige Anforderung unter der eingeblendeten Telefon-Nummer ist vollkommen unverbindlich.“ Die Anmeldeformulare trennen sie bitte auf Seite 51 ab. Später hat dann Andre Rieu seinen gewohnt schmierigen Auftritt und darf danach noch auf seine beiden Konzerte hinweisen. Sie finden am dritten Dezember statt. Der nächst Familienabend. Übrigens live zu sehen im ZDF.

  • Ines aus dem Wohnzimmer hat schon recht mit ihrer Vermutung. Wenn man seine Position als purer Konsument aufgibt und beginnt selbst zu produzieren, dann ist das natürlich noch lange kein Garant für prickelnde Interaktion. Aber der Weg ist eben schon korrekt. Und: Nicht alles was man liest ist interaktionswürdig. Ich schließe mich da mit ein und die von Ines beschriebenen Symptome sind ja hier auch – oder eben nicht – zu sehen. Wichtig finde ich aber schon, und das ist ja der Unterschied zu den technischen Möglichkeiten, die sich 1930 und auch noch 1970 vorfanden, daß heute eben das damals geforderte machbar ist. Bedauerlich ist jedoch, daß es eben von der Masse nicht genutzt wird. Das soll sich jetzt gar nicht konkret auf Weblogs beziehen, sondern auf die riesige Masse des Restes, der sich im Netz findet. Mich würd interessieren, was die beiden (Brecht, Enzensberger aber auch Baudrillard) heute dazu sagen (würden). Die beiden erstgenannten würden wohl auf ihre zweite, grundlegende Forderung pochen. Aber die gesamtgesellschaftliche Revolution ist wohl ein wenig zu viel verlangt. Die Bewußtseinsindustrie hat uns schon viel zu lange in ihr Netz gesponnen. Das würden sie auf jeden Fall sagen.

  • Sieht wieder alles so aus wie vorher? Meine Herren, so ein Theater habe ich noch nie gehabt. Scheinbar ist das ein oder andere cgi Skript schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Später vielleicht mehr…

  • Weblogs, Kommentare und die Diskussion: „Man hatte plötzlich die Möglichkeit, allen alles zu sagen, aber man hatte, wenn man es sich genau überlegte, nichts zu sagen. Und wer waren alle?“
    Bertold Brecht, Radiotheorie (1932).

  • Super, stehe an der Haltesstelle. Seit ein paar Minuten laufen mir zwei Kinder um die Beine. Die Mutter im Gespräch, in dem Moment als sie gefragt wird, wo der zweite Sohn eigentlich sei, wird sie total kirre. Ihr Balg ist nämlich einfach in den nächstbesten Bus rein, der in vielleicht 200, 300 Metern Entfernung noch zu sehen ist, bevor er hinter der nächsten Kurve verschwindet. Riesenpanik, zum Glück stehen sich an der Haltestelle auch zwei Polizisten die Beine in den Bauch, die, ob solcher Dämlichkeit total perplex, die den Bus wohl über Funk an der nächsten oder übernächsten Haltestelle stoppen.

  • Alles klar. Zur Pause 3:0. Rudi wieder großartig (zu recht) und der Fernsehratgeber liegt so was von daneben. Ich werd ihn heute abend mal drauf anquatschen… So gehtet ja nich !

  • Habe gerade einen großartigen Harald Schmidt gesehen. Im Gespräch mit Niels Annen, dem Bundsvorsitzenden der Jugos, äh Jusos (konnt` ich mir ja nicht verkneifen). Nach den üblichen Floskeln und keiner CD Präsentation natürlich Thema Bundeswehr und Afghanistan und die Gewissheit, daß auf diese Art wohl niemand die deutsche Innen- und Außenpolitik so staubtrocken auf den Punkt bringt.

    Aber im Ernst. Diese Kombination von rasenden Ereignissen überall in der Welt einerseits und einer deutschen Poltik, die wohl nicht das nötige Fahrwerk für all das hat andererseits, halte ich auf jeden Fall für heikel. Wobei es tatsächlich schwer bis unmöglich scheint, momentan funktionierende Politik zu fabrizieren und nebenbei alle Stimmen der Gesellschaft hören zu wollen. Die Frage, was in und mit Deutschland eigentlich passieren würde, wenn es wirklich einmal durch die aktuellen Geschehnisse ärger in Mitleidenschaft gezogen würde, sei gestattet.
    Daß der Kanzler die Vetrauensfrage stellt ist vermutlich letztendlich auch nur ein machtpolitischer Schachzug. Der Umfaller, der ebenfalls machtpolitischer Natur ist, den die CDU gerade vollführt zeigt, daß auch die andere große Volkspartei nur aus Gründen der Macht argumentiert.
    Wer spricht im Zusammhang mit Afghanistan eigentlich noch von einer wirklichen Gewissensfrage?