Perlentaucher/ Susan Sontag: „Valentin Groebner stellt Susan Sontags neuen Essay über die Bilder der Gewalt vor, „Regarding the Pain of Others“ (erstes Kapitel), der gerade „erschreckend pünktlich“ erschienen ist: „Sontag hat eine Menge Spott für den pauschalen Medienpessimismus übrig, der von vermeintlich entfremdenden Nachrichten- und Bilderfluten als Zeichen moderner Befindlichkeit schwafelt – steht alles schon bei Baudelaire, zeigt sie mit einem kleinen, bösen Zitat. *Noch schärfer wird sie angesichts der Redensart, dass die postmoderne Realität zum Simulacrum geworden sei. Ein Argument ‚von atemberaubender Provinzialität‘ – denn von wo aus spricht denn einer, für den sich alles in Simulation verwandelt hat?* Nein, die Schreckensbilder handeln von den Paradoxa der Emotion und der Erinnerung. Die Zuschauer wollen weinen und sprachlos sein – aber aus der Distanz, bitte schön.“
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Blogging from Bagdad: Where is Raed ? fragt Salam Pax. „Gibt es Salam Pax wirklich?“ fragt Paul Boutin. „Dan, können Sie das bestätigen?“
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Stolz berichten die US-Militärs von immer präziseren Technologien. Der Anteil immer akkurater treffender Bomben steigt. Deren Anteil am gesamten Abwurf betrug im `91er Irak-Krieg 10%, im Kosovo 40%, in Afghanistan 60% und aktuell will man uns glauben machen, kommen so gut wie keine Zivilisten ums Leben. Wir werden es eh nie erfahren.
Angesichts der grünstichigen Live-Bilder, die gewaltige Explosionen im Bagdad zeigen, kommen jedoch Zweifel am chirurgischem Eingriff auf. Und diese Bilder sind immerhin solche, die den Weg von Bagdad ins Wohnzimmer schaffen. Wie mag es in Mossul, Tikrit und Basra aussehen, die ebenso wie die irakische Kapitale durchgehend bombardiert werden? Von dort erreichen uns lediglich Agenturmeldungen und ab und zu die funkverzerrte Stimme eines amerikanischen Korrespondenten. Können sie das bestätigen?
Nichts wird hier bestätigt. Das spärlich vorhandene Material wird von jedem interpretiert, der ein Mikrofon halten kann und die Maske auf dem Weg ins Studio erfolgreich passiert hat.
Die Berichterstattung der Öffentlichen und der Privaten unterscheidet sich durch so gut wie gar nichts von der `91er. Ausgedehnte Nachrichtenformate, die versuchen, sich mit dem Informationsmangel zu arrangieren. Moderatoren und Zuschauer erhalten gebühren- oder werbefinanzierten Nachhilfeunterricht in Kriegsführung und restriktiver Medienpolitik der Alliierten. Generäle a.D., Veteranen und schlicht „Militärexperten“ genannte geben sich mal prophetisch mal ahnungslos.In waghalsig-fragilen Schaltungen wird das Korrespondentennetz an das Studio gebunden. Starren gemeinsam auf die Bildschirme. Kämpfen mit der Faszination des instanten Bildes und ihrer Berufung als Journalisten.
Was sollen sie anderes machen? Würden sie sich auf den symbolischen Tausch einlassen und ein Schwarzbild senden? Eine rhetorische Frage, selbstverständlich. Also mitmachen und der Allianz der Netzwerke beitreten. Mit dem Missstand umgehen. Die einzige journalistische Technik, die abverlangt wird, ist die des Lesens und des anschließenden Verproben der verlesenen Informationsquellen.
Was meiner Beobachtung zur Folge einer der wenigen Differenzen zu 91 ist. Durch die recht dichten Korrespondentennetze im Zentrum des Geschehens lassen sich Agenturmeldungen leichter als damals noch gegeneinander verproben. War CNN vor 12 Jahren der einzige Sender, der, von den USA an der Hand geführt, aus dem Kriegsgebiet berichtete.
Frappierend empfinde ich die Tatsache, dass die fest installierten Kameras auf den Hoteldächern in Bagdad den Ton übertragen. Luftalarm, Detonationen und das vermeintliche All-Clear Heulen vermitteln für den Moment mehr Authentizität als die bekannten Bilder in Bagdadgrün.
Auch dieser Effekt wird der Entropie der Nicht-Information erliegen. -
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Kaum ein Wort auf diesen Seiten zum angekündigten Krieg. Auch jetzt fühle ich mich eher der chronologischen Organisation des Weblogs verpflichtet, als dass mir große oder kleinere Worte wirklich am Herzen lägen.
Gibt es irgendetwas, die kleinste Unwichtigkeit, das größte verschwiegene Faktum, das nicht in der Welt ist? Jegliche Information, die für eine humane Beurteilung dieses sich erst anbahnenden großen Konflikts eignet, ist vorhanden. Ist nur einen Mausklick entfernt. Ist auf irgendeinem Kanal zu sehen. Auf einer Frequenz zu hören. Auf einem Blatt Papier zu lesen.
Die zu verarbeitenden Geschichte liegt vollkommen offen. Es gibt keinen ersten, zweiten oder dritten Schriftsinn mehr. Wenn man die Zeichen nur ehrlich liest. Wenn man die Zeichen nur vor sich und in seinem Kopf verarbeitet. Wenn man nur interesselos dem Interessierenden gegenübersteht. -
Sonntag abend, live Music Hall: Groove Armada. Wie zuletzt bei Terranova in Strasbourg habe ich auch Findley und Catos letzten beiden Platten nicht gehört. Ihr Konzert im Stadtgarten vor zwei Jahren war nicht schlecht. Wie das vorgestrige jedoch auch nicht der Riesenwurf.
Ich kann nicht guten Gewissens von einem schönem Musikerlebnis reden, wenn ich das Gefühl habe, eine reine Merchandising Party nur für die aktuelle Platte zu erleben. Ruck zuck die neuen Stücke gespielt, die übrigens im Gegensatz zu älteren Groove Armada LPs rockig daherkommen und die üblichen Chillgeschichten ein wenig links liegen lassen, kein Wort gesagt und nach gut 80 Minuten die Bühne verlassen. Zu wenig, finde ich. -
Mittagliche Gedankenspiele aus Wien, filmtheoretischer Rohrreiniger im Ausfluss. Übrigens, del: „Was ist Kino?“ gibt`s z.B. hier in Siegen. Hilft Dir das weiter?
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Hey MT-Gemeinde: Nach dem Update auf 2.63 ist es nicht mehr möglich Bookmarklets zu erstellen. MT wirft folgenden Fehler aus: ??maketext doesn’t know how to say: _USAGE_BOOKMARKLET_5 as needed at lib/MT.pm line 682?? Könnt Ihr das mal bei Euch ausprobieren?
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Zugfahrt von Bochum nach Siegen. Ich frag mich, was das für Typen sind. Also er, klein mit dicker Pocke, geflochtenem Zopf und Strickmütze. Drei oder vier Ringen, etwas weniger Armbändchen. Die Jacke: Dicker Lederblouson, komplett mit Länderflaggen benäht. Kennt jeder. Friedel Rausch trug son Ding. Statt Flaggen Sponsorenstickwerk. Wachdienstbeschäftigte haben auch einen so gepolten Jackenfaibel. Der Fummel stammt hundertpro aus einem dieser Leder-Ramsch-Läden, die bis unter die Decke mit Klamotten vollhängen. Kein Geschäft, eher ein Schrank mit Glastüren. Der Verkäufer hockt in der Regel West-rauchend auf einem Barhocker. Kennt man, oder?
Neben dem Typen saß sein Pudel. Was noch nix beweist. Seinen Kollegen, ein Chinese, kann man nicht beschreiben. Superkrasse Ronaldo Hasenzähne. sonst unscheinbar wie nur irgendwas. Er war auf jeden Fall nicht der Dominante dieses Duos. Die haben zwei Stunden kein Wort gesagt. Nur einmal ging der Dicke ans Fon. Das hatte `ne Blinkantenne. Wohl aus dem Schrank in dem er die Jacke gekauft hat. Er sprach halb Spanisch halb Deutsch. Beides beherrschte er nicht so richtig.
