Malkontent & Enthusiastisch

»Ihr naht Euch wieder, schwankende Gestalten«

Kolloquium – 45 Minuten Schönrednerei und eine Einführung:
Es gibt viele Medientheorien. Das muss auch Jean Baudrillard einsehen . Die Bandbreite reicht von Einzelmedientheorien z.B. des Films oder des Radios bis hin zu komplexen Theoriegebäuden, die sich vor allem dadurch auszeichnen, dass sie dem Teilsystem der Medien eine universale Wirkungsmächtigkeit zu sprechen, die bis zur maßgeblichen und tiefen Prägung des
Gesellschaftssystems reichen kann. In seinem Hauptwerk „Der symbolische Tausch und der Tod“ erbaut Baudrillard ein solch universales Theoriesystem. Die wesentlichen Ausführungen über die Medien legt er im „Requiem für die Medien an“.
Die Rezeption Baudrillards im System der Wissenschaft fällt überwiegend kritisch aus. Neben den theoretischen Schwierigkeiten, die auftreten sobald ein universales Theoriegebäude Welt bzw. Kultur vorwiegend als vom System der Medien determiniert konstruiert wird, spielt Baudrillards Kritikern zusätzlich sein nicht nach strengen wissenschaftlichen Kriterien organisiertes Schreiben in die Hände.
Dennoch erfreut sich der Autor Baudrillard im Feuilleton offensichtlich großer Beliebtheit. Nicht zuletzt seine Analysen zum Terrorismus, die nach dem 11. September 2001 entstanden, haben vor allem Fragmenten seines theoretischen Gesamtwerks ein Konjunkturhoch beschert. Andere theoretische Ansätze, z.B. konstruktivistische oder systemtheoretische, finden hingegen sehr viel weniger feuilletonistische Beachtung.
Momentan befindet sich eine Arbeit im Entstehen, in der untersucht wird, nach welchen Argumentationsstrukturen bzw. Funktionszusammenhängen oder schlicht nach welcher journalistischen Strategie die Verwendung einzelner theoretischer Konzepte aus dem Werk Baudrillards organisiert ist.
Exemplarisch soll hier dargestellt werden, wie der theoretische Gehalt der baudrillardschen Analysen zum Terrorismus im Feuilleton fragmentiert wird. Um Baudrillards diesbezügliche Ausführungen in den Kontext seines theoretisches Werkes einordnen zu können soll der Requiem-Text vor allem zur Verdeutlichung seines zentralen Konzeptes des symbolischen Tauschs und damit des originären Funktionszusammenhangs der, wie es Baudrillard auch nennt, Gabe ohne Gegengabe vor dem journalistischen Funktionszusammenhang kontrastiert werden.