Sehr schöner und aktueller Text von Michael Wetzel in der neuen Ausgabe der Navigationen. Aktuell nicht nur wegen Woytalas kürzlich verabreichter Osterbotschaft, sonder vor allem wegen der gestohlenen Heiligkeit, die nicht zuletzt Papa Bush durch die Kanäle drischt:
bq. Als Heilige des Fernsehens aber wacht seit der päpstlichen Enzyklika Miranda prorsus vom 8. September 1957 Santa Chiara, die Weggenossin des Heiligen Franziskus. An ihrem letzten Weihnachtsabend 1252 lag sie nämlich darnieder, unfähig, an der Mitternachtsmesse teilzunehmen, da wurden ihre Bitten in der Einsamkeit erhört und eine Direktübertragung des Gottesdienstes in der Franziskusbasilika am anderen Ende des Stadthügels von Assisi geschaltet:
bq. „In diesem Augenblick wich vor den staunenden Augen der Heiligen die Wand ihrer kleinen Zelle. Sie konnte, zunächst noch aus ziemlicher Entfernung, den gewaltigen Bau auf dem Paradieshügel schauen und bestaunen. Dann aber führte die Vision sie immer näher. Vom Äußeren trat sie ins Innere der Basilika. Tief ergriffen durfte sie die festliche Weihnachtslithurgie mitfeiern. Sie sah auf den Altären die vielen brennenden Kerzen, sie sah die herrlichen Paramente, sie hörte den Psalmengesang der Brüder und den Klang der Orgel. Selbst den Duft des Weihrauchs konnte sie aufnehmen. O, welches Glück, sie sah sogar die Krippe des Herrn, die enge und kalte Grotte mit der Gottesmutter, dem hl. Josef, mit Ochs und Esel. Sie sah das Kind auf dem Stroh liegen und die auf die Botschaft des Engels herbei geeilten Hirten. Bei einem solch herrlichen Schauspiel fühlte sich die hl. Klara von einer unsagbaren Süßigkeit durchdrungen, sie dachte an den Seraphischen Vater und erinnerte sich seiner ersten Krippenfeier im Wald von Greccio. Nun schien es, als ob der Heilige die Offenbarung dieser Stunde mit seiner liebe nährte.“
bq. […]
bq. Papst Pius XII. wusste aber die Zeichen der Zeit zu deuten und die Verbindung zwischen innerer und äußerer Weitsicht im Sinne des Fernsehens durch sein am 14. Februar 1958 ausgesprochenes Patronat herzustellen:
bq. ,,’Klar‘ leuchtet dank der Göttlichen Weisheit gerade in unseren Tagen zu unserer großen Bewunderung der menschliche Erfindungsgeist. Dabei steht die Kirche keineswegs etwa dem kulturellen und technischen Fortschritt ablehnend gegenüber, im Gegenteil! Sie begünstigt nicht nur diese Hilfsmittel der Wissenschaft und des täglichen Lebens, wenn sie zum Guten angewendet werden, sondern sie macht auch selbst gern Gebrauch von ihnen, um die Wahrheit zu verkünden und die Grenzen der Religion zu erweitern. Unter diesen vom Erfindergeist ausgedachten Mitteln nimmt einen besonderen Platz das Fernsehen ein. Durch diese Erfindung wird es möglich, dass man mit seinen Augen und Ohren ferne Geschehnisse wahrnehmen kann im gleichen Augenblick, in dem sie sich ereignen. Man kommt sich vor, als sei man unmittelbar daran beteiligt. (. ..) Aber niemand wird es leugnen können (. ..): diese großartige Erfindung kann zwar von größtem Nutzen sein, kann aber auch ebenso zur Quelle größten Unheils werden. Dazu kommt, dass diese Erfindung die Menschen mit einer außergewöhnlichen Macht in ihren Bann schlägt, und das innerhalb der häuslichen Wände. Es kann darum nur von Nutzen sein, diese Erfindung unter den Schutz und Beistand des Himmels zu stellen, damit nicht nur das Böse verhütet, sondern großer Nutzen damit gestiftet werde. (. ..) So möge Klara, leuchtend durch den Ruhm ihrer Reinheit und himmlisches licht bringend in soviel Finsternis, diese Erfindung lenken und bewirken, dass mit Hilfe eines so hell leuchtenden Gerätes auch die Wahrheit und die Tugend ‚klar‘ aufleuchten, die allein den Bestand der bürgerlichen Ordnung gewährleisten.“
