Malkontent & Enthusiastisch

»Ihr naht Euch wieder, schwankende Gestalten«

Von der Wichtigkeit, ein Fotolog zu haben.

Seit ich 16 bin, wenn ich mich recht erinnere, fotografiere ich. Ich begann mit der alten Spiegelreflex meines Vaters. Einer Pentax KM, die irgendwann in den 70ern gebaut wurde. Drei Objektive waren dabei. 28, 50 und 135mm. Und was ich besonders cool fand. Ein Konverter. Der fraß zwar Unmengen von Licht. Dafür hatte ich aber nun ein Fernglas. Die KM sieht klassisch aus. Klar. 70er Jahre eben. Das Gehäuse ist überwiegend silbern. Damals gefiel mir nur die Nikkon F50 (?) besser. Heute sind alle Kameras aus Plastik.

Eigentlich bin ich Autodidakt, wie vermutlich jeder Fotograf, oder hat jemand das Fotografieren an der Volkshochschule gelernt? Aber ich hab`s mir eben nur eigentlich selbst beigebracht. Mein Vater erklärte mit die absoluten Grundlagen des Fotografierens. So wie übrigens auch das Fahrradfahren, das Schwimmen oder das Autofahren. Ich erinnere mich, dass ich anfangs nicht verstehen konnte, wie Blende und Belichtung zusammenhängen. Wieso soll ich mir den Kopf darüber zerbrechen, wie ich diese beiden miteinander kombiniere, wenn das Ergebnis doch irgendwie das gleiche ist? Später begriff ich, daß es eben nur ungefähr das gleiche ist. Niemals aber das selbe. Das war der Zeitpunkt ab dem Fotografie für mich interessant war.

Gerade noch rechtzeitig. Denn das Ruhrgebiet war bald nur noch Strukturwandel. Höchste Zeit. Denn was mich ständig reizte war alte, brachliegende Industrie. Die Reste von Stahl und Kohle. Die Ruhr, die die Industrie und das Leben, mein Leben an diesem Ort, erst möglich machte. Die Jahrhunderthalle z.B., heute Aufführunsgort für Theater und Symphoniker, zentrales kultiviertes Areal der neu geplanten City-West. Ich erinnere mich noch an den Landstreicher, den ich dort traf. Mit Schuhen aus Autoreifen und Stricken. Eine irre Begegnung. Ob man hier ungestört eine Nacht verbringen könnte, fragte er. Ich glaubte schon. Und er verkaufte mir ein selbst kopiertes Heftchen. Lyrik eines Landstreichers. Damit verdiente er sein Geld. Das Heftchen habe ich nicht mehr. Irgendwann ging es verloren. Ein Foto habe ich auch nicht von ihm gemacht.

Oft war ich in der Henrichshütte in Hattingen. Wer erinnert sich noch an die Nachrichten? Irgendwann in den 80ern. Wenn die Hütte stirbt, stirbt die Stadt. Nun, die Stadt lebt noch aber die Hütte wurde nach China verkauft. Ihr Skelett ist heute Industriemuseum. Kurz vorher konnte ich dort noch Bilder machen. Meine Lieblingsfotos. Davor stand der Hüttengrill, den ich unbedingt noch fotografieren wollte. Als ich kam stand nicht mehr Hüttengrill daran.

Das war dann auch schon die Zeit als ich die neue Automatik-Kamera hatte. 1994. Ein gutes Jahr später begann ich die Ausbildung im Zeitungsverlag. Nachdem ich mir meinen bekloppt-geilen Traumberuf vom Fotograf in Krisengebieten aus dem Kopf geschlagen hatte. Gut, wirklich drin war er nie. Irgendwie doch immer weit weg. Und das Fotografieren rückte auch weiter weg. Ich arbeitete mittlerweile fest im Verlag. Hatte dementsprechend weniger Zeit. Teilweise auch andere Interessen. Als ich später auszog, um zu studieren und der Arbeit somit auf den letzten Drücker noch den Rücken zu kehren, packte ich meine alten Fotos in den alten Küchenschrank meiner Oma, nach unten in den Keller.
Und von dort nahm ich sie neulich mit. Eigentlich holte ich sie, um Katha ein zwei meiner Lieblingsbilder zu schenken. Wenn ich das nächste Mal wieder bei den Eltern bin hole ich auch noch die alte Pentax.
Und im Fotolog präsentiere ich dann und wann ein paar meiner Fotografien. Alte und neue.